Lohnt ein Antikörpertest?
Wer seinen Impfstatus wissen will, dem können Antikörpertests helfen. Ein Gespräch über Chancen und Grenzen der neuen Methode
Die Viren verändern sich laufend. Genau so verändern sich die Maßnahmen laufend, um die Viren zu bekämpfen. Galt vor einem Jahr noch das beruhigende Mantra: Doppelt geimpft, umfassend geschützt. So lautet die aktuelle Ansage plötzlich: Doppelt geimpft, unvollständig geschützt. Das liegt daran, dass die Schutzwirkung der Impfung bei den meisten Menschen schon nach wenigen Monaten deutlich nachlässt, vor allem bei dem Impfstoff von Johnson & Johnson.
Messen lässt sich diese Schutzwirkung vor allem über die Bildung von Antikörpern (es gibt daneben auch noch schützende T-Zellen), die das Immunsystem nach der Impfung bildet. Es gibt ein rundes halbes Dutzend von Firmen (etwa VitaLab), die mobile Mess-Systeme unter Laborbedingungen anbieten. Ich habe darüber mit Christoph Protzek gesprochen, Inhaber des von mir kürzlich vorgesellten gleichnamigen Lörracher Messgeräte-Unternehmens.
Es lohnt sich sehr, diesen knapp drei Monate alten Text zu lesen, denn darin wird bereits beschrieben, was derzeit in der Breite gefordert wird: Auch Geimpfte müssen sich testen lassen, weil sie das Virus weitergeben können, ohne dass sie selbst etwas davon merken. Für diese Überprüfungen hat die Firma Protzek schnelle Tests entwickelt, die im Vergleich zu den Schnelltests bis zu acht Mal sensitiver sind – und damit verlässlicher über das Infektionsrisiko für sich und andere informieren.
Zurück zu den Antikörpern: Ausführlich erläutert mir Protzek mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Dao Lamega Maba, ein an der Münchner Ludwig-Maximilian-Universität promovierter Molekularbiologe, wie sein System der Antikörpertests funktioniert: Es wird ein Tropfen Blut genommen, der in ein Testkit gegeben wird, das eine von der Firma Protzek entwickelte Maschine scannt und in genau 15 Minuten liegt das Ergebnis vor. Das Verfahren funktioniert also so ähnlich wie ein Corona-Schnelltest. Das Ergebnis wird mit BAU (binding antibody units) pro Milliliter angegeben. Noch ist das Verfahren nicht zertifiziert, sodass es keine Schwellenwerte gibt, die verbindlich zeigen, ab wann etwa eine dritte Impfung zu empfehlen ist – eine Frage, die sich Millionen Menschen stellen.
„Wirklich befriedigende Antworten erhalten die Rat suchenden Menschen derzeit weder von der Politik, noch von der Impfkommission Stiko und dem Robert-Koch-Institut“, wundert sich Christoph Protzek. Vor allem die Ärzte sind über die Antikörpertests kaum informiert. Eher schon die Apotheken, weshalb er in Zukunft die Pharmazien als Orte für diese Tests sieht – auch aus einem ganz praktischen Grund: „Wer in die Apotheke geht, erwartet, dass er selbst zahlen muss. Wer zum Arzt geht, denkt, alles ist umsonst“.
Immerhin gibt es erste brauchbare Ansätze, um den Nutzen der Antiköpertests zu beweisen: So signalisieren Werte von über 3000 BAU/ml, dass wohl ein voller Impfschutz vorliegt. Werte im Bereich von 1000 und darüber, dass wohl ein ausreichender Impfschutz besteht. Langsam kritisch wird es bei Werten von unter 1000 – und ab Werten von unter 21 besteht wohl praktisch kein Impfschutz mehr. Da empfiehlt sich dann dringend die Booster-Impfung. Die Kosten der Tests von rund 30 Euro müssen die Menschen derzeit noch selbst bezahlen. Aber das kann sich ja auch wieder ändern.
Weitere Vorteile der Antikörpertests sieht der Lörracher Unternehmer, der mit seinem 27 Mitarbeitern vor allem hochpräzise Tests für staatliche Stellen wie Polizei und Zoll herstellt: So lässt sich nachweisen, ob etwa ein Impfdurchbruch vorliegt. Und es lässt sich nachweisen, ob der Immunschutz zusätzlich zur Impfung auch durch eine überstandene Infektion verstärkt worden ist. Ein Faktum, das in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen dürfte. Denn es zeigt sich, dass diese Genesenen im Vergleich zu den „bloß“ Geimpften einen deutlich umfassenderen und länger anhaltenden Immunschutz haben. Das könnte von Bedeutung sein, wenn schon bald wieder über Einschränkungen im Alltag entschieden wird.
Auch ganz wichtig: „Die Antikörpertests könnten impfunterstützend wirken“, glaubt Christoph Protzek, „und bislang Zögernde motivieren, sich impfen zu lassen“.
Entwickelt Schnell- und Antikörpertests: Christoph Protzek