„Seehalde“: Wohl bekomm’s!
Das Echt essen-Spezial im Dezember: Best-bürgerlich und höchst bekömmlich wird im gastlichen Restaurant direkt am Bodensee gekocht. Ein Kraftplatz gerade auch im Winter.
Immer wieder zieht es mich in die „Seehalde“ – und das hat drei gute Gründe: Eine hervorragende Küche, eine herzliche Gastlichkeit – und eine Traumlage direkt am See gegenüber der Blumeninsel Mainau. Während es im Sommer praktisch unmöglich ist, eines der begehrten Zimmer mit Blick auf den See zu erhaschen, geht es im Dezember entspannt zu – und gerade zu dieser Jahreszeit bieten sich traumhafte Aussichten auf das Säntis-Massiv (links im Bild) und die angrenzenden Alpen. Weil es auch noch erstaunlich mild ist, locken Spaziergänge am See entlang zum pittoresken Seefelden und dem verschlafenen Pfahlbautendorf Unteruhldingen.
Als wär’s vom Maler Ferdinand Hodler: Alpenzauber
Farce oder Farce? Aber natürlich begeistert mich auch immer wieder die Küche von Markus Gruler, der zu den besten Fischköchen am See zählt, beste Kontakte zu den Fischern hat, immer wieder mit seinem Boot selbst nach den Fischen schaut. Gerade in diesem Jahr, wo ich sehr viel kulinarisch unterwegs bin, haben mich seine Gerichte besonders überzeugt, aus einem schlichten Grund: Sie sind kenntlich. So habe ich neulich im Kölner Zwei-Sterne-Haus „Ox & Klee“ ein Gericht mit Hahnenkamm gegessen. Aber es war nichts Rotes auf dem Teller zu sehen – und der flapsige Service meinte, „ist in der Farce“. Kann ja sein, schmeckbar war’s nicht – und vielleicht ist’s auch nur Farce.
So geht Gesundheit: Roh mariniertes Felchen
Solche Küchen-Kunststücke sind nicht die Sache von Markus Gruler. Er kocht raffiniert, aber er kocht verständlich – und er kocht höchst bekömmlich: Ein topfrisches, roh mariniertes Felchen ist mit Algen, Apfel, Ingwer, Fischrogen kombiniert – und schlotzigem Wasabi-Eis gekrönt. Das schmeckt nicht nur hinreißend, das ist auch höchst vital und bekömmlich. Selbst nach mehreren Essen innerhalb einiger Tage bleibt dieses angenehme Gefühl der Verträglichkeit. Wobei Markus Gruler nicht nur Fisch perfekt kann – er begeistert auch mit aromasatter Flädlesuppe, genau so wie mit einem saftigen Tafelspitz und endlich einmal nicht süßen Preiselbeeren für gastfreundliche 23 Euro.
In Rapsöl konfiert: Saibling mit seiner Haut
Verträglich sind die Gerichte auch wegen der schonenden Garmethoden, etwa dem Konfieren, was den Saibling zum Hochgenuss adelt. Raffiniert die dreizackige Fischhaut, die zwischen Backpapier gepresst und anschließend in der Pfanne gebraten, zart-intensiv duftet. Ein Gedicht die Weine, etwa ein trocken-blumiger 2014er Riesling von Peter Jakob Kühn aus dem Rheingau für 49 Euro. Es ist ein feiner, klug komponierter Keller, aus dem der Bruder Thomas Gruler schöpfen kann – und seine Empfehlungen sind treffsicher. Was auch zum Gästeglück gehört: Eine über Jahre gewachsene Stammbelegschaft, die mit ihrer Herzlichkeit sofort das Gefühl des Heimkommens schafft. Gerade in den Zeiten des Fachkräftemangels in der Gastronomie ist solch eine Kontinuität in hohem Ton zu preisen.
Empfehlung: Hinfahren! Über Weihnachten, Silvester und Anfang Januar ist geöffnet. Dann geht’s wieder Mitte März weiter.
Wer Lust auf die „Seehalde“ bekommen hat, findet hier noch eine sommerliche Version dieses gastronomischen Juwels: