„Stemberg“: Geerdete Gourmetküche

„Stemberg“: Geerdete Gourmetküche 612 300


„Stemberg“: Geerdete Gourmetküche

Das Echt essen-Gasthaus im Dezember: Im schönen Landgasthof nördlich von Wuppertal gelingt Heimisches so gut wie Modernes. Ein Glücksfall.

Manchmal ist gestern morgen. Seit Jahren wird im „Haus Stemberg“ ein Konzept verwirklicht, das heute vielen Gasthäusern als DIE Zukunft gilt: Die Vermählung einer gutbürgerlichen mit der Gourmet-Küche. Will heißen, Klassiker der heimischen Küche wie „Blutwurst nach altem Hausrezept“ gelingen genau so souverän wie ein Filesteak aus Nebraska. Das Konzept kommt an, der Laden „brummt“, ohne Reservierung ist es schwer, einen Platz zu finden. Ein richtiger Familienbetrieb ist das noch, wo Vater Walter Stemberg mit seinem mächtigen Zwirbelbart die Stammgäste begrüßt, während sein Sohn Sascha in fünfter Generation exzellent kocht, was zurecht mit einem Stern gewürdigt wird.

Atmet Geschichte – und ist kein Museum: „Haus Stemberg“

Löblich, das Restaurant hat auch mittags geöffnet, wo es eine kleine Karte gibt. Wir aber wählen das viergängige Regionalmenü für 62 Euro, plus die äußerst empfehlenswerte Weinbegleitung für 25 Euro. Der herzliche und bestens informierte Service startet mit kräftigem Bauernbrot zu süchtig machendem Gänseschmalz. Ein erstes kulinarisches Ausrufezeichen sendet ein raffiniertes Ingwer-Karottensüppchen. Zwei Räume hat der Gasthof. Wir sitzen im hellen Wintergarten und blicken ins Kaminzimmer, wo sich Tradition und Moderne auf das Beste vermählen, und wo sich wie im ganzen Gasthaus Alt und Jung wohlfühlen – und wo auch Gäste, die nur eine Kleinigkeit bestellen, wohlgelitten sind.

Genussvolle Dreifaltigkeit: Tatar, Salat, Mayo

Richtig gut der erste Gang: Das mit Estragon gewürzte Tatar von der Rinderrasse Simmentaler wird durch die crunchigen, dünnen Brotscheiben noch besser. Ein Gedicht dazu der kleine Salat, wo sich Frisée, Portulak und Schafgarbe ein frisches Stelldichein geben. Abrundet das kleine Kunstwerk eine Estragonmayo, die ein feiner Gewürzgurkensud adelt. Ausgezeichnet dazu ein 2014er Rheingau-Riesling vom Weingut Wegeler, der trotz moderaten 11,5 Prozent Alkohol großen Geschmack entfaltet.

Schwimmt in kräftigstem Sud: Aal

„Waldpilztee“ heißt schlicht der zweite Gang. Fast eine kleine Untertreibung, denn dieser Sud ist von einer ungeheuren Intensität – und dabei fast durchsichtig klar. Das ist ganz große Kochkunst von Sascha Stemberg, der sein Handwerk bei einigen der Großen der Branche gelernt hat, etwa bei Hans-Peter Wodarz. Vollendet wird das Gericht durch fermentierte Buchenpilze und von mild geräuchertem und herrlich saftigem Aal. Auch hier passt der Wein wieder perfekt, in diesem Fall ein 2017er Weißburgunder vom Rappenhof aus der angesagten Weinregion Rheinhessen.

Thront stolz auf dem Schinkensud: Gebratener Zander

Bestens verkörpert die Philosophie von Sascha Stemberg dieser Gang: Einen auf den perfekten Punkt gebratenen Zander aus dem IJsselmeer melangiert er scheinbar traditionell mit „Birne, Bohne, Speck“. Aber das kommt hier nicht deftig dräuend des Weges, sondern mit Raffinesse und Eleganz, so kokettiert die Birne als ein etwas scheues Gel und der Speck ist ein aromastarker Schinkensud. Auch hier wieder ein Wein, der das Gericht auf das Trefflichste akkompagniert, ein 2018er Chardonnay von Peth-Wetz aus Rheinhessen, der mit mächtigen 14,5 Prozent heftig an die Tür großer Chablis klopft.

Was ein Brot raffiniert werden kann: Pudding

Sicher, das Dessert bräuchte es nicht – und dem Wohlbefinden wäre es wohl zuträglicher. Aber nun wollen wir kurz vor Weihnachten keine Spielverderber sein, sondern freuen uns, dass der Brotpudding nicht zu süß ist – und dass der Elstar-Apfel aus dem eigenen Garten fein schmeckt und das Crèmeeis ein Gedicht ist.

Ja, das ist schon richtig angenehm hier, denken wir, im gut gemachten hauseigenen „Magazin“ blätternd, wo wir sehen, dass mit der kleinen Lina und dem kleinen Henri schon die sechste Generation in die Fußstapfen treten könnte.

Fazit: Ein Glücksfall von einem Landgasthof, der die Tradition elegant in die Moderne führt.

„Haus Stemberg“

Adresse: Kuhlendahler Straße 295, 42 553 Velbert-Neviges

Öffnungszeiten: Täglich geöffnet mittags ab 12 und abends ab 18 Uhr. Donnerstag und Freitag ist zu. Reservierung nur telefonisch.

Kontakt: 02053 5649, www.haus-stemberg.de

Tipp: Unbedingt im nahen Neviges den vom Kirchenbaumeister Gottfried Böhm 1968 erbauten, mächtigen Mariendom besichtigen, der raffiniert mit dem Licht spielt.

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