Messen macht aktiv!
Wer kontinuierlich über 24 Stunden mehrere Tage den Blutzucker misst, wird bewusster aktiv. Ein Selbstversuch.
Messen ist meine Mission. Als ich vor 20 Jahren den Bestseller ´Fit wie ein Diabetiker` schrieb, lautete der Obertitel ´Messen Essen Laufen`. Nur, das Messen war damals eine ziemlich mühsame Sache – und funktionierte ausschließlich über einen Tropfen Blut, der auf einen Teststreifen aufgetragen werden musste. Auch heute noch wird täglich millionenfach auf diese Weise der Blutzucker bestimmt. Das generiert zuverlässige Ergebnisse, hat aber gravierende Nachteile.
Das größte Manko sehe ich darin, dass vor allem nächtliche Schwankungen des Zuckerspiegels praktisch nicht erfasst werden. Gerade hier können aber massive Probleme auftreten, vor allem wenn BZ-senkender Alkohol getrunken wird, vor allem trockener Wein und klare Schnäpse. Das gleiche gilt noch viel stärker für viele Diabetes-Medikamente. Häufiger massiver Unterzucker aber gilt als großes Risiko für bleibende Hirnschäden bis hin zu Demenz. Leider existiert keine feste Grenze für solch niedrigen Werte, Diabetologen raten aber zu stark erhöhter Vorsicht, wenn der Blutzucker bei 60 mg/dl (3,3 mmol/l) und gar niedriger liegt, vor allem wenn dieser Zustand über längere Zeit andauert.
Ganz massiv tritt dieser Effekt beim Spritzen von Insulin ein, was ich an mir selbst beobachten konnte, als ich vor Jahren einmal das Hormon gespritzt habe. Es ist verblüffend und beängstigend, wie schnell ich in gefährliche Sphären von um 40 mg/dl gekommen bin – wo ich plötzlich Schweißausbrüche hatte, es mir leicht schwarz vor den Augen wurde. Das kann ich deshalb so präzise sagen, weil ich damals den Abbott-Sensor FreeStyle Libre 3 am Oberarm selbst (geht relativ einfach) appliziert hatte – der genau 14 Tage kontinuierlich den Blutzucker misst und den Wert auf dem Smartphone anzeigt. Schnell Traubenzucker eingeworfen – und Schweiß wie Schwindel verschwanden damals schnell.
Sehr sinnvoll ist eine weitere Funktion das Abbott-Sensors, die Bestimmung des GMI. Das ist ein mit dem gebräuchlichen Langzeitwert HbA1c verwandter Wert, der zeigt, wie hoch der Blutzuckerspiegel in den vergangenen Tagen war. Mir ist es jüngst gelungen, diesen Wert innerhalb kurzer Zeit von 6,8 auf 6,3 zu drücken, also um 0,5 Prozent. Ein beachtlicher Erfolg. Möglich wird das, weil ich sofort sehe und aktiv werden kann, wenn mein Blutzucker aus dem Ruder laufen will.
Eine prima Sache also, die nur einen Nachteil hat, den Preis. Rund 65 Euro kostet ein Sensor – und da ich kein Insulin mehr spritze, muss ich das selbst bezahlen. Trotzdem gönne ich mir mindestens alle zwei Monate einen Sensor – und das aus einem klaren Grund: Nach meiner schweren Hirnblutung vor rund eineinhalb Jahren fürchte ich mich panisch vor einem Rückfall. Deshalb messe ich morgens und abends den Blutdruck und achte darauf, dass sich die Werte immer im Bereich von rund 130 zu 60 bewegen, was mir mit Hilfe zweier Blutdrucksenker auch ganz gut gelingt. Und beim BZ achte ich darauf, dass ich vor allem kaum Ausreißer von über 200 mg/dl habe (Unterzucker ist gottseidank kaum ein Problem), was mir auch deshalb gut gelingt, weil ich morgens und abends das Diabetes-Standard-Präparat Metformin nehme. Gleichzeitig meide ich praktisch alle schnellen Zucker, vor allem aus Getränken.
Wie schnell auch scheinbar supergesunder, frisch gepresster O-Saft die Werte explodieren lassen kann, hat mir nur ein kleines Gläschen O-Saft neulich wieder gezeigt, siehe Screenshot der Freestyle-Kurve. Was dabei auffällt: Der Wert bleibt relativ lange hoch. Gegen solche zu hohen Werte wirkt vor allem abends rund halbstündiges flottes Gehen wahre Wunder. Mein Fazit: Permanentes Messen des Blutdrucks und relativ häufiges Messen des Blutzuckers minimieren hoffentlich mein Stroke-Risiko.
So Gott will.
Kleines Gläschen, große Wirkung: O-Saft und BZ-Anstieg