Hirnmenü: Brainfood

Hirnmenü: Brainfood 2368 2560

Hirnmenü: Brainfood

Ein ungewöhnliches Essenserlebnis bietet der kultige „Gasthof zum Bad“ nahe Basel: Vier verschiedene Gänge mit Kalbshirn

„Herr lass Hirn regnen“, flehen die Schwaben, wenn sie Menschen treffen, denen sie unterstellen, sie seien „nicht ganz hell in der Kapell“. Wer aber nicht auf das himmlische Manna warten will, dem empfehle ich das viergängige Hirnmenü in Schönenbuch, einem Dorf hinter Basel, direkt an der Grenze zum Elsass. Eine gelungene Mischung aus Beiz, Bistrot und Restaurant ist das „Bad“, wo eine authentische regionale Küche mit französischem Flair gepflegt wird

Heimat spezieller Genüsse: „Bad Schönenbuch“

Der gelernte Landwirt und Koch Michael Matter und seine Frau Jacqueline Matter-Levy führen seit über 35 Jahren dieses außergewöhnliche Gasthaus in einem ehemaligen Badhaus, wo es so seltene Gerichte wie Kutteln, Zunge und viele Innereien gibt, etwa das Hirn. Vor dem Essen empfiehlt sich ein kleiner Rundgang durch das intakte Dorf, das auch am Sonntag bis nach 23 Uhr zweimal in der Stunde von einem Bus angefahren wird, von wo in einer starken halben Stunde die Basler Innenstadt erreicht wird.

Gemütlicher Charme im alten Badhaus: Gaststube

Eine angenehme Atmosphäre schaffen die aufmerksame Jacqueline Matter-Levy und der für beste Laune sorgende, aus Italien stammende Kellner Carlo in der Gaststube mit viel Parkett, Holz und fein gedeckten Tischen. Die Mischung kommt an, an einem Sonntagabend ist das Gasthaus bestens besucht – und es sind erstaunlich viele junge Leute dabei. So muss eine Wirtschaft sein: Lässig und zwanglos mit einem souveränen Service, der flexibel auf Kundenwünsche eingeht.

 

Thront auf getoastetem Schwarzbrot: Vinaigrette

Nur auf Vorbestellung für vier Personen wird das Hirnmenü serviert, das mit 47 Franken (rund 43 Euro) gastfreundlich kalkuliert ist. Zur Einstimmung ein gut gezapftes „Kronenbourg“, ein Bier das ich von früher in nicht so guter Erinnerung habe – und nun ausgezeichnet schmeckt. Das Menü startet mit stark getoastetem Schwarzbrot, worauf eine Vinaigrette aus Kartoffeln, Kapern, Oliven und Hirn thront – wobei vom Hirn wenig zu schmecken ist. Klug dazu der leicht bittere Radicchio, der alles verdaulicher macht.

 

Vermählen sich auf das Feinste: Hirn mit Rührei

Deutlich „hirniger“ der zweite Gang – und fast schon der Höhepunkt: Gebratenes Hirn mit Rührei, Pfifferlingen, Erbsen und Minze. Die cremige Konsistenz des Hirns vermählt sich wunderbar mit dem fluffigen Rührei. Sicher, nur wenige Menschen mögen Hirn, viele schaudert es. Ich tue mich da leichter, durfte ich doch als damals schwächliches Kind diese Delikatesse genießen, die ähnlich wie Kalbsbries (eine der Immunabwehr dienende Drüse) leicht nussig schmeckt. So sorgfältig wie Michael Matter das hälftig aus Eiweiß und Fett bestehende Organ zubereitet, ist es jedenfalls eine große Delikatesse – wie unsere Viererrunde einstimmig feststellt.

 

Geistesblitz für „Hirn-Pioniere“: Italienische Raffinesse

„Cervello, italienisch für Hirn“, so wird der dritte Gang schwungvoll annonciert. In der Tat, das leicht geschnetzelte und gebackene Hirn wird mit Salat serviert, der mit italienischem Balsamico gewürzt ist, wobei weniger mehr wäre. Eine interessante Zubereitungsart, die ich Leuten empfehle, die zum ersten Mal diese Spezialität probieren möchten.

Eher französisch ausgerichtet ist die Weinkarte – und ich vermisse ein wenig die guten Schweizer Weißweine. Aber dafür entschädigt ein ausgezeichneter, biodynamisch ausgebauter elsässischer Riesling von 2016 aus dem Weingut „Muré“ in Rouffach. Der gottseidank trockene (was im Elsass leider keine Selbstverständlichkeit ist) Wein kostet 58 Franken (also rund 54 Euro), was für Schweizer Verhältnisse in Ordnung geht.

Interessante Variante: Hirn in Cognac-Senf-Sauce

Angenehm abwechslungsreich ist das Menü – und zum Abschluss serviert Michael Matter noch eine besonders bekömmliche Variante: Das gekochte Hirn in einer leicht säuerlichen Cognac-Senf-Sauce. Das schmeckt gut, wobei der Schuss Cognac noch deutlicher hätte ausfallen dürfen. Auf jeden Fall sorgen Säure und Senf dafür, dass das Menü nicht schwer im Magen liegt. Schmelzig angeröstete Flädle und knackiger Brokkoli setzen einen klugen Kontrapunkt.

Unbedingt erwähnenswert das kräftige Brot mit einer Kruste aus dunkel geröstetem Sesam. Es harmoniert halt alles hier im ländlichen Teil von Basel.

Fazit: Ein sympathischer Gasthof, der außergewöhnliche Genüsse mit augenzwinkerndem Charme serviert.

Restaurant Bad Schönebuch, Brunngasse 2, CH-4124. Die Öffnungen in pandemischen Zeiten am besten telefonisch erfragen: 00 41 61/481 13 63. Minimalistische Site www.bad-schoenenbuch.ch

Entdeckt habe ich das Hirnmenü übrigens in dem einzigartigen Schweizer Gasthausführer „AUFGEGABELT“ von Martin Jenni. Wer an authentischen Beizen und Produkten in unserem Nachbarland interessiert ist, kommt an diesem im at-Verlag erschienenen Werk nicht vorbei!

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