„Postschänke“: Raffiniert-bürgerlich
Das ländliche Traditionsgasthaus bei Köln interpretiert die gutbürgerliche Küche erstaunlich raffiniert: Matjestatar, Pfifferlingsuppe, geschmorte Rehkeule
Von Grün und Wäldern umringt liegt das wohlhabende Odenthal im Bergischen Land rund 20 Kilometer nordöstlich von Köln. Seit 300 Jahren gibt es hier das Hotel zur Post mit einem besternten Gourmetrestaurant und der Postschänke mit regionaler Küche. Wir nehmen auf der lauschigen, leider etwas Auto-lauten Terrasse der Schänke Platz und genießen den freundlich-entspannten Service. Erfreulich übersichtlich mit sieben Gänge ist die Karte, und ich wähle drei.
Bergische Gastlichkeit seit 300 Jahren: Hotel zur Post
Zum furiosen Start gibt es Matjestatar mit Mango-Apfelsalat, Gurken-Ingwersud und einen kleinen Reibekuchen. Absolut frisch der wohl aus Holland stammende, stückig geschnittene Matjes, fein vermischt mit dem Apfel (von der wahrscheinlich geschmacklosen Mango merke ich nichts). Herrlich erfrischend der Sud – und krachend-kross, trotzdem innen feucht der Reibekuchen. Die Rievkooche sind ja ein Kölner Nationalgericht, aber so perfekt gibt es das in der Domststadt selten. Hier ist deutlich die Handschrift der beiden Meisterköche Christopher und Alejandro Wilbrand zu spüren. Für 13 Euro ein kleiner Geniestreich!
Frischeglück: Brunnenkresse, Reibekuchen, Matjes, Gurkensud
Ein Gedicht auch die Spargel-Pfifferlingcremesuppe für 8 Euro. Ein intensives Pilzsüppchen mit knackigen Stückchen vom grünen Spargel und schlotzigen Bröseln. Das Ganze nicht zu warm, nicht zu kalt, sondern den heißen Tag wohltuend balancierend. Hier würde jetzt sehr gut der empfohlene Moselriesling von Kallfelz für 6,50 Euro das 0,1er Glas passen. Aber da es mittags brütend heiß ist, verzichten wir klugerweise.
Süppchen, so sollst du sein: Spargel-Pilz-Melange
Korrekte 26 Euro werden für die geschmorte Keule vom bergischen Reh mit Spargeln und Parmesangnocchi berechnet. Ein Ausrufezeichen wert sind die kaltgerührten Preiselbeeren, die endlich einmal nicht süß sind. Auf den perfekten Punkt geschmort ist das Reh, das eine intensive, aber nicht zu schwere Sauce umschmeichelt. Ich kann mir das Fleisch ja immer noch ein wenig saftiger vorstellen, aber das sind negligable Geschmacksnuancen. Auf jeden Fall krönt das Wild einen äußerst angenehmen Mittag, der Lust auf ein Wiederkommen macht.
Lockt zum Reinbeißen: Rehkeule
Fazit: Die schnörkellose Wohlfühlküche macht die Landpartie ins Bergische zum Erlebnis.
Die Schänke ist von Mittwoch bis Sonntag mittags (Bravo!) und abends geöffnet. Das Gourmetrestaurant ist von Mittwoch bis Samstag abends und Sonntag mittags offen.
Tipp: Wer es noch eine Spur deftiger mag, besucht den stimmig renovierten, in Sichtweite liegenden „Herzogenhof“, der ebenfalls zum kleinen Odenthaler Gastroimperium der Wilbrand-Brüder gehört.