„Scheiderhöhe“: Höhenflug

„Scheiderhöhe“: Höhenflug 2560 1920

„Scheiderhöhe“: Höhenflug

Ein Berliner Meisterkoch verwandelt eine rheinische Provinzgaststätte in ein best-bürgerliches Gasthaus mit regionalen Produkten.

Ein Glücksfall ist die „Scheiderhöhe“ in der Gemeinde Scheiderhöhe – und der Glücksfall hat zwei Namen: Daniel und Stephanie Lengsfeld. Eine beeindruckende Vita als Koch hat Daniel vorzuweisen. Aufgewachsen in der Uckermark, machte er eine Lehre in Norddeutschland und war dann an vielen Stationen in Berlin, etwa im Szenerestaurant „Crackers“. Vor allem begleitete er bei einem der besten (und lautesten) deutschen Köche, nämlich Tim Raue, Spitzenpositionen. Die Liebe zu seiner von der Ahr stammenden Frau führte ihn dann vor einigen Jahren ins Rheinland. Das Gastgeben hat Stephanie im Blut, hatten ihre Großeltern doch erst eine Kneipe im Ruhrpott und dann an der Ahr, wo sie bei Weinfesten mit Freude gute Tropfen ausschenkte.

 

Moderne Gasthausküche im traditionellen Gewand: „Scheiderhöhe“

Zwei Profis in ihren Berufen also. Fehlte nur noch ein Gasthaus für die Selbständigkeit, und das fand sich fast per Zufall, ein weiterer Glücksfall: Bei ihren Fahrten durchs schöne rechtsrheinische Bergische Land entdeckten die beiden das damals gerade in einer aufwendigen Renovierung befindliche Traditionsgasthaus zwischen Bonn und Köln. Als Küchenchef wollte sich Daniel Lengsfeld dort bewerben, aber es wurde dem Paar die Pacht angeboten – und Anfang 2020 öffneten sich die Tore, bevor kurz danach die Corona-Einschränkungen kamen, die gottseidank überstanden wurden. Bestens besucht sind an einem Sonntagabend die beiden Gaststuben, was dafür spricht, dass die Einheimischen und die Gäste aus dem wohlhabenden Speckgürtel das Lokal „angenommen“ haben.

Zeittypische Eleganz mit rustikalen Anklängen: Gaststube

Einen einnehmenden Charme versprühen Stephanie Lengsfeld und ihre Mitarbeiterin, die eine jahrelange Erfahrung in einem nahegelegenen Restaurant sammeln konnte. Schwungvoll wird das Menü erläutert, fünf Vorspeisen, fünf Hauptspeisen, drei Desserts, ein Käse. Praktisch und übersichtlich. Unser Vierertisch wählt jeweils Vor- und Hauptspeise für angemessene 49 Euro. Auf der Karte und in der gut gemachten Website wird die Herkunft der Produkte erläutert, wobei wohl möglichst viel aus der Umgebung kommen soll, etwa vom nahen Bauerngut Schiefelbusch. Dogmatisch sind die Lengsfelds dabei nicht, weshalb auch die Metro als Lieferant aufgeführt wird.

 

Bohnen, elegant akkompagniert: Senfcreme, Kürbiskerne und Kernöl

Raffinierter Start mit einer erfrischenden Kaltschale aus Erbse, Kopfsalat und Buttermilch, serviert in einer wunderbar altmodischen Sammeltasse. Einfache, bekannte Produkte elegant veredeln, ihnen einen „Twist“ geben, wie es neuwichtigtuerisch heißt, ist die Philosophie des Mitdreißigers – und die knackig blanchierten Bohnen vom nahen Biohof Hüsgen verwirklichen diese Maxime kongenial: Joghurt, Kürbiskerne, Kernöl, Senfcreme und Meerrettich zaubern eine süffige Melange, die allen schmeckt und Feinschmecker entzückt.

Eine ambitionierte Weinkarte pflegt das Gasthaus, erfreulicherweise auch mit Tropfen von der Ahr und einem Fokus auf die befreundeten Weingüter Burggarten und Bertram-Baltes. Unter den Lieferanten ist auch Viniculture aus Berlin, ein Spezialist für die angesagten Naturweine. Wir trinken vom Wiener Weingut Wieninger für 49 Euro einen frisch-tiefgründigen 2020er „Gemischten Satz“, eine Anbauweise, wo verschiedene Rebsorten ineinander gepflanzt werden, was Schädlingsbefall und Spritzbelastung mindert.

 

Gewagt und gewonnen: Kalbsherz, Bries, Sonnenblume

Donnerwetter, der Koch traut sich was! Gewagte Produkte in ungewöhnlicher Kombination: Ein auf den perfekten rosa Punkt gebratenes Kalbsherz, ein knusprig gebackenes, herrlich saftiges Bries, begleitet von Sonnenblumenwurzeln, die ähnlich schmecken wie Topinambur. Verdauung fördernde Zwiebeln und eine leichte Madeirasauce adeln den Innereientraum zum kulinarischen Hochgenuss. Ideal zu dem Gericht ein 2019er Pinot Noir vom Weingut Burggarten in Heppingen.

Allseits behagliche Zufriedenheit an unserem Tisch. Sei es das perfekte Eifelreh, sei es der Räucheraal mit Apfel, sei es der perfekte Gemüseteller. Geht das so weiter, dürfte bald ein Stern über dem Traditionshaus leuchten, das mich vom Konzept her stark an das „Haus Stemberg“ nahe Wuppertal erinnert. Wobei ein Stern nicht wirklich dienlich wäre. Denn sein Geld muss das weitläufige Anwesen ganz stark auch mit Hochzeiten, Taufen und Geburtstagen verdienen und vielleicht gibt es sogar eine Renaissance des legendären Karnevals der „Fastelovendsfründe Scheederhueh“ im großen Saal.

Fazit: Ein sympathischer Landgasthof mit viel versprechendem kulinarischen und vinologischem Potential.

 

„Scheider Höhe“

Adresse: Scheiderhöher Straße 49, 53 797 Lohmar

Öffnungszeiten: Donnerstag bis Samstag ab 18 Uhr. Sonntag auch mittags und ab 17 Uhr. 

Kontakt: 02246/18 892  https://www.gasthaus-scheiderhoehe.de

Der große Parkplatz ist einer der Erfolgsgaranten des Gasthauses. Denn zumindest an den Wochenenden fährt zur Scheiderhöhe kein Bus. Die vielbeschworene Verkehrswende bleibt eben im Wesentlichen ein Großstadtphänomen. Auf dem Land geht ohne Auto meistens nicht viel. Weshalb statt milliardenteuren Kinkerlitzchen wie kurzfristiger Billigtickets ein langfristig gut funktionierender Nahverkehr nach Schweizer Vorbild wichtiger wäre.

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