„Seehalde“: Genusstraum

„Seehalde“: Genusstraum 1816 2560

„Seehalde“: Genusstraum

Magisch anziehend ist das gastliche Haus am Bodensee – aus zwei Gründen: Eine raffinierte, höchst bekömmliche Küche und die grandiose Lage direkt am Wasser

Es ist mein Sehnsuchtsort: Die „Seehalde“ nahe Überlingen unterhalb der barocken Basilika Birnau. Schon viele Dutzend mal war ich bei dem genialen Fischkoch Markus Gruler und seinem Bruder Thomas, der mit seinem herzlichen Team den souveränen Service und die kluge Weinbegleitung verantwortet. Wenn es irgend möglich ist, übernachte ich auch in einem der eleganten Zimmer, die alle auf den See und den mächtigen Säntis schauen und wo ein eigener Strand lockt. Kürzlich war ich wieder dort – und es reizt mich einfach, diesen einzigartigen Ort in sechs Bildern zu feiern.

Seligmachende Dreifaltigkeit: See, Seewein, Seefisch

Ein schmackiges Gazpachosüppchen vom Reichenaugemüse mit saftigem Wildschweinschinken eröffnet den Reigen der Genüsse. Zu den begehrtesten Fischen gehört der lachsartige Felchen. Den topfrischen Fisch serviert Markus Gruler als Tatar, wohlig umhüllt von Dillöl gesprenkelter Buttermilch, eingelegtem Radieschen, gekrönt von Vitamin C-strotzendem Portulak. Ein spritziger Müller-Thurgau vom Weingut Röhrenbach aus dem nahen Immenstaad lässt den Fisch schwebend „schwimmen“.

Versteckt sich unterm Grünzeug: Felchentatar

Mein Lieblingsfisch im „Badischen Meer“ (nur ein kleiner Teil gehört zu Schwaben) ist die Seeforelle, die locker Meeresfischen Paroli bietet. Der Fisch beglückt mit Knochen-stärkendem Vitamin D, das besonders gut erhalten bleibt, wenn der Fisch wie hier schonend konfiert wird, für mich die ernährungsphysiologisch und geschmacklich optimale Zubereitung. Gebettet ist dieser Genusstraum in eine Tomaten-Holunderblüten-Emulsion, in der auch noch Erbsen, knackiger grüner Spargel schwimmen und als Fischunterlage dient eine Pastinakenpaste. Das ist so schlicht wie raffiniert – und ich könnte stundenlang essen. Warum kochen so wenige Köche so genial einfach – und höchst bekömmlich?

Gesundheit als geschmacksstarker Genuss: Seeforelle

Variantenreich kocht Markus Gruler: Dem selbst gefangenen, gottseidank auch konfierten Wels gönnt er einen eher deftigen Auftritt mit Senfsauce und leicht blanchiertem Wurzelgemüse vom legendären Biogut Rengoldshausen, das nur wenige Kilometer entfernt ist. Aber auch das scheinbar Schwere ist hier vor allem geschmacksstark und gleichwohl elegant. Bodenständige Eleganz ist das Markenzeichen von Markus Gruler, der auch mit Geflügel und Fleisch brilliert, etwa dem Zwiebelrostbraten, Innereien wie Kutteln famos zubereitet und als Gemüsekoch in den vegetarischen Himmel stürmt.

Auch Deftiges gelingt elegant: Wels

Einer der besten Weinkenner ist Thomas Gruler – und er begeistert mit einer Auswahl von Bodenseetropfen, die verblüfft: Waren die Weine noch bis vor einigen Jahren eher gehobener Durchschnitt, gab es in der letzten Dekade eine wahre Qualitätsexplosion – und zwar nicht nur bei den bekannten Topgütern wie Aufricht (wo der Sohn inzwischen in der Spitzenliga der angesagten Naturweine eine führende Rolle spielt), sondern auch bei vielen anderen. Begeistert bin ich als Freund der wunderbaren Sorte Muskateller vom 2021er Nacker vom Weingut Clauß mit schlanken 12,5 Prozent Alkohol – wunderbar trocken und nicht zu blumig. Einer meiner Lieblingstropfen am See.

Spannend auch zwei Chardonnays, die mir Thomas präsentiert: Einmal „Hornstein“ aus Nonnenhorn bei Lindau mit 13 Prozent – und dann von der entgegengesetzten Ecke des Sees den Biowein „Vollmayer“ vom erloschenen Vulkan in Singen am Hohentwiel, ebenfalls mit fetten 13 Prozent. Beide sind erstaunlich frisch und nicht zu üppig, wobei ich eine leichte Präferenz für den vielgelobten Hornsteiner habe. Bemerkenswert auch die Gläser, sowohl das spannende, normale „Marienglas“, wie auch das hier abgebildete „Josephinenglas“, aus dem der Wein gleich noch einmal besser schmeckt.

Je dünner das Glas, desto besser der Wein: Josephinenhütte

Auch wenn Markus Gruler weiß, dass ich das Konfieren liebe, wo der Fisch bei rund 68 Grad in Olivenöl erwärmt wird (ohne dass das Öl in den Fisch einzieht), ist er doch souveräner Koch genug, um zu wissen, dass die beliebten Egli, die auch Kretzer heißen, durch sanftes Anbraten besser schmecken. Grandezza gewinnt das Gericht durch den ligurischen Fischfond Cacciucco, der aus Fischköpfen, Tintenfischen, Muscheln und Gemüse selbst hergestellt wird und die Eglis mediterran adelt. Herrlich dazu geschmorter Spitzpaprika aus Rengoldshausen. Erfreulich: Wenigstens beim Kochen harmonieren die Europäer noch miteinander.

Vier souveräne Gänge für 68 Euro. Das Leben kann so einfach sein – und so schön.

Liguria incontra Baden: Egli begegnet Fischfond Cacciucco

Fazit: Plötzlich wird die Leichtigkeit des Seins germanischer Glamour – und der See ruft!

Geöffnet ist die „Seehalde“ mittags (vorbildlich!) und abends. Nur Dienstag und Mittwoch ist ganztägig zu. https://seehalde.de/

Tipp: Im Sommer ist es fast unmöglich, ein Zimmer zu bekommen – und auch die Tische sind extrem beliebt. Besser ist es ab September, wenn es immer noch schön, der See warm und die Terrasse meist lauschig ist. Ich liebe aber auch die ruhige Zeit im November und Dezember, wenn oft der Nebel die Landschaft magisch verzaubert.

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