In einem gutbürgerlichen Kölner Stadtteil verbirgt sich ein futuristisches Gastrokonzept und ein ambitionierter junger Koch will hier durchstarten. Spannend

Luis Dias ist umtriebig. 1972 in Portugal geboren, lebt er seit 1993 Köln, wo der gelernte Koch sein erstes Restaurant unter eigenem Namen eröffnete. Richtig durchgestartet ist er 2020 aber im Stadtteil Rodenkirchen mit einem Lokal, das sich schnell großer Beliebtheit erfreute. Richtig spannend ist aber die kürzlich gestartete Weinbar Luis Dias an der Grenze zu Bayenthal, die bewusst ohne Tageslicht auskommt und wie eine türkisblaue Lagune wirkt, in der mit Hilfe von künstlicher Intelligenz geschaffene großformatige Fotos einen ganz eigenen Reiz entfalten. Wird interessant, wie dieses ambitionierte Konzept im ehemaligen Höhns angenommen wird.

Schlichtes Äußeres, Spektakuläres Inneres: Eingang

Noch spielt sich aber in diesem heißen Sommer das Geschehen weitgehend auf der großen Terrasse ab, wo ähnlich wie drinnen rund 6o Gäste Platz finden. Durch die üppige Bepflanzung wirkt alles sehr grün, obwohl erst drei junge  Platanen direkt am Haus wachsen. Erfreulich: Schon mitten in den Sommerferien ist die Terrasse an manchen Abenden bereits ausgebucht. Es scheint, als hätte die Stadt auf dieses sympathische Lokal gewartet.

Bei den Gästen beliebt: Die große Terrasse

Ein Glücksfall ist der Koch Cyril Becker, der mit 16 Jahren in den Schwarzwald zog, um eine der besten Ausbildungen in diesem Metier zu bekommen: Er lernte im renommierten Hotel Bareiss – und danach stand ihm die Welt offen: Quasi im eineinhalb Jahres Rhythmus wechselte er die Stellen, um verschiedene Konzepte kennen zu lernen, war auch in Sternehäusern, war an der Ostsee, selbst in Peking. Immer blieb er aber seinen Wurzeln treu, wohnt mit Frau und zwei Kindern im nahen Windeck. Ich bin sicher, dass dieses rund 30jährige Ausnahmetalent schon bald einen Stern ins beschauliche Bayenthal holen wird!

Geerdet und weltoffen: Koch Cyril Becker

Genau zwölf Gerichte werden angeboten und ich starte vegetarisch für 15 Euro mit „Pilze, Mais, Artischocken“. Süffig schmeckt die Maiscreme, etwas trocken der Gemüsesand und raffiniert der grüne Petersilienschwamm – und alles gekrönt von wenig geschmacksintensiven Pilzen. Das ist eine Küche auf der Höhe der Zeit, modern ohne modernistisch zu sein.

Höchst raffiniertes Gemüse: Petersilienschwamm

Eines der Referenzgerichte, auf das der Koch zurecht besonders stolz ist: „Taube, Mais, Kakaobohne, Ras el-Hanout“ für 19,50 Euro. Die exotische Gewürzmischung passt gut zu Luis Dias, der auch einen aufstrebenden Gewürzhandel betreibt. Sous vide, also sehr zart gegart ist die französische Taube, die für mehr Geschmack kurz nachgebraten wurde. Interessant die Polenta aus weißem Mais. Ein wunderbar komplexes Gericht, das die Sternambitionen eindrucksvoll unterstreicht.

Harmonieren perfekt: Taube und Kakao

Wie es sich für eine Weinbar gehört, gibt es hier gute Tropfen zu vernünftigen Preisen. Weil ich das schwäbische Weingut bestens kenne, wähle ich einen Merlot vom Vorzeigewinzer Schnaitmann für 42 Euro die Flasche. Als Volltreffer entpuppt sich die Wahl, denn der Wein, der auch noch weiter reifen kann, harmoniert wunderbar mit dem vielfältigen, leicht scharfen Gericht.

Bin gespannt, wie das ambitionierte Design beim eher konservativen Publikum ankommt. Aber vielleicht gelingt es zusätzlich neue Gäste aus anderen Stadtteilen anzulocken. Verdient hätte es das äußerst angenehme Restaurant mit dem zugewandten Service auf jeden Fall.

Fazit: Eine spannende Neueröffnung in der gastronomisch pulsierenden Domstadt.

Luis Dias Weinbar, Bonner Strasse 381, 50968 Köln, 0221/70 24 95 72. Dienstag bis Sonntag ab 17 Uhr. www.luis-dias.com/weinbar-koeln/

Passt perfekt zum Essen: Schwäbischer Merlot